Zeitzeuge der Steinhuder Leinenwebertradition: Die Steinhuder Leinenmangel wurde bereits 1855 errichtet. Das Gebäude diente zum Glätten von Leinen aus Hand und Industriewebereien. Die gewebten Bahnen wurden befeuchtet, aufgerollt und unter einem Kasten mit zwölf Tonnen Steinen geglättet. Die Anlage ist eine der größten Kaltmangeln ihrer Art und wurde bis 1983 betrieben und 1996 – 1999 restauriert.
Die Kastenmangel – Zeitzeuge der Industrialisierung
Auf dem Weg zur Industrialisierung
In Steinhude gab es aufgrund des bodenmäßig begünstigten Flachsanbaus bereits im 17. Jahrhundert die Leinenweber. Als in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts Leinenfabrikate in großer Menge hergestellt wurden, schickte man diese zur Weiterbearbeitung nach Bremen und Hamburg. Ratsherr Wilhelm Bretthauer, kam auf die Idee, die Weiterverarbeitung vor Ort vorzunehmen.
Aus diesem Grund errichtete er 1855 auf dem Grundstück Nr. 27 in Steinhude, Graf-Wilhelm-Str.10, in einem eigenen Gebäude die erste größere Wäschekaltmangel. Das gewebte und gebleichte Leinen wurde von den Webereien abgeholt, erst von Hand und später maschinell mit Wasser besprengt, im Wickelstuhl aufgerollt und dann gemangelt. Nach dem Schneiden und Säumen wurde es ein zweites Mal gemangelt, auf dem großen Tisch kartongerecht gelegt und in einer schweren Presse über Nacht gepreßt.
Die Tätigkeit eines Leinenmanglers gab es in Steinhude bis 1963 als Hauptberuf. Bedient wurden von dem kleinen Betrieb in dieser Zeit nahezu alle Webereien in Steinhude. Nebenbei wurden die Tischtücher vieler Steinhuder Hotels und Haushalte regelmäßig gemangelt. Der vornehmste „Privatkunde“ war das Schaumburg-Lippische Fürstenhaus. Nachdem einige Webereien Anfang der 60-ger Jahre ihre Tätigkeit aufgaben, wurde die Leinenmangel von meinem Vater, dem letzten Leinemangler Steinhudes, bis 1983 als Nebenerwerb betrieben.
Mangelfritz
Der bekannteste Angestellte der Kastenmangel war der Steinhuder Fritz Thiele (1843 – 1936) genannt der „Mangelfritz“, der 1857, 2 Jahre nach der Erstellung der Kastenmangel, mit damals 14 Jahren Fritz Thiele als Gehilfe in den Betrieb eintrat. Er arbeitet dort bis 1932 – insgesamt 73 Jahre. Um die Person des „Mangelfritz“ ranken sich eine Reihe illusterer Geschichten. Er galt als lebenslustiger Zeitgenosse, der es auch in schwieriger Situation verstand, Heiterkeit und Frohsinn zu verbreiten. Damit prägte er das Bild des Mangelbetriebes.
Betriebsbereites Industriedenkmal

Die Kastenmangel wurde bis 1983 von Alfred und Irmgard Baumgärtner in Betrieb gehalten.
In den Jahren 1996 – 1999 wurde das Gebäude, das sich in einem schlechten baulichen Zustand befand, mit Hilfe der niedersächsischen Sparkassenstiftung, der niedersächsischen Landesdenkmalspflege und der Klosterkammer saniert und die Geräte zum großen Teil wieder gangbar gemacht. 2005 wurde der große Mangelkasten wieder betriebsbereit gemacht, so dass heute bei Vorführungen wieder wie vor hundert Jahren gemangelt werden kann.
Autorin: Gisela Bredthauer
Video: Vorführung
Beim Tag des Offenen Denkmals wird die Anlage live vorgeführt. Wilhelm Bredthauer erklärt dazu anschaulich, welche Arbeitsschritte erforderlich sind. Für den mit Hand betriebenen Ablauf sind enorme Kräfte nötig und die insgesamt 12 Tonnen schwere Anlage bewegt sich nur langsam. Die Leinenrollen werden unten in der Anlage eingelegt, dann wirkt das Gewicht und sorgt für geglätteten Stoff.
Mehr Informationen unter www.Kastenmangel.de