Im Mai herrschte am Ratskellergelände und in der Graf-Wilhelm-Straße beim Fischerkreidag regelmäßig ein buntes Treiben. Das Straßenfest der Werbegemeinschaft geht auf einen Gerichtstag der Steinhuder Fischer zurück.

Geschichte des Fischerkreidag

Traditionelle Eröffnung des Fischerkreidags
Nach den Webern, die sich schon 1728 zu einer Zunft zusammengeschlossen hatten, gründeten um die Mitte des 18. Jahrhunderts auch die Steinhuder Fischer eine Art Zunft, die „Fischer -Gesellschaft“, um ihre wirtschaftliche Lage zu verbessern. Jährlich wurde eine Versammlung, der Kreidag abgehalten. Am Kreidag kamen die Alt- und Jungfischer zusammen, um ihre Interessen zu beraten, Streitigkeiten zu schlichten, aber auch, um über ihre Mitglieder ein beschränktes Strafrecht ausüben zu können.
An diesem „Gerichtstage“ wurde unter Vorsitz des Altfischers, dem Vorsteher, die Vergehen der Fischer (Verletzung der Schonzeit, der Fischereigrenzen, Vergehen gegen die Fang- und Geräteordnung usw.) gerügt und bestraft. Am zweiten Festtage zogen die Fischer geschlossen durchs Dorf, hielten beim Pastor, Küster und Bürgermeister an, wo ihnen nach alter Sitte ein Köhm gereicht wurde. Allerlei Streiche wurden ausgeheckt, so daß es, wie 1857, zum Konflikt mit dem Steinhuder Mäßigkeitsverein kam.
Straßenfest knüpft an Fischer-Tradition an

Steinhuder Fischer führen beim Fischerkreidag traditionelles Handwerk vor
Ursprünglich ging der Kreidag in den Häusern der Fischer reihum. Zwischen 1880 und 1890 kamen die Fischerkreidage außer Gebrauch. In den 1930er Jahren versuchte man Jahresversammlung und Fest des Fischer-Vereins Steinhude e.V. nach der alten Art zu begehen. Er fand damals bei Schweer 44 und in Schweers Harms Fischerhus statt. Zur Versammlung saßen die Fischer an langen Tischen beieinander.
1978 knüpften Werbegemeinschaft und Fischerverein Steinhude an die ortstypische alte Tradition an und veranstalteten jährlich zu Beginn der Saison, am Freitag und Samstag nach Himmelfahrt, ein Straßenfest, den Fischerkreidag. Es beginnt offiziell mit der Versammlung der Fischer in plattdeutscher Sprache – im ersten Jahr noch auf einem Drebel – später auf einem Podium. Auf der Straße konnte man den Fischern beim Räuchern oder Netzeflicken zusehen. Zwei Steinhuder Bürger erhalten jedes Jahr den Brassenschlag. Die Tanzgruppe des Musikzuges Steinhude zeigt alte Fischertänze. Schon ein Jahr später kamen als weitere Höhepunkte das Fischermahl mit Kürung des Freyfischers und die Torfkahnregatta hinzu.
Netzbikini sorgt für Empörung

Steinhuder Fischer räucherten Aale auf dem Kreidag
1993 bis 1996 wurde der Fischerkreidag nicht gefeiert. Die Sanierung des Steinhuder Ortskerns sollte zu einer Denkpause dienen. Es wurde befürchtet, daß durch eine zu starke Kommerzialisierung, die ursprünglichen Ideen zur Veranstaltung des Fischerkreidages in der heutigen Zeit in den Hintergrund gedrängt werden können. Es gab schon bei den vergangenen Fischerkreidagen Veranstaltungen, die dem Steinhuder Flair gerecht wurden, wie Reusenversteigerungen, „Torftresen“, ein Schlammbad in einer Holzwanne.
Der von Fischer Fritz Harste kreierte Netzbikini, aus dreieckigen Abfallprodukten beim Netzemachen entstanden,sorgte 1985 Furore. Zwar gibt es den „Steinhuder Mäßigkeitsverein“ nicht mehr, doch schrieb damals die Bild-Zeitung: „Nackte im Netz – Pastor empört!“ Diese Empörung war so groß sicher nicht.
Sicher ist, daß das Straßenfest „Fischerkreidag“ ab 1997 wieder fester Bestandteil der Steinhuder Veranstaltungen ist, seit 2014 findet der Fischerkreidag aber ohne die Beteiligung der Fischervereins statt.
Der Freyfischer

Freyfischer-Kette
Zu jedem Fischerkreidag gehört auch die Kür der Fischer- und Werbegemeinschaft eines auserwählten Freyfischers, einer Person, die sich um die Belange und Interessen des Raumes Steinhude und seiner Menschen besonders verdient gemacht hat. Zu früheren Zeiten hatte der Fürst immer wieder Fischer im Dorf für ihre treuen Dienste mit dem Titel „Freyfischer“ ausgezeichnet. Privilegien, wie ein freier Fischzug ohne die Abgabe des Pflichtteils an die Fürstliche Hofkammer und ein Torfstich für den Heizvorrat im Winter, waren damit verbunden.
Die Werbegemeinschaft und der Fischerverein vergeben diesen Titel auf Lebenszeit und geben jedem Freyfischer die Gelegenheit, den traditionellen Fischzug und Torfstich durchzuführen. Den Fischzug nahmen bisher Finanzminister Heiner Aller, der damalige Landrat Eberhard Wicke, der Geschäftsführer des Naturparks Steinhuder Meer Sigfried Siebens und MdL Wilhelm Heidemann wahr. Beim „Törwesteken“ beteiligten sich bisher nur Karl-Heinz Funke und Eberhard Wicke. Die Organisatoren der Steinhuder Werbegemeinschaft und des Fischervereins haben sich im Mai 2000 darauf verständigt, den Freyfischer nur noch alle 2 Jahre zu benennen.
Der Brassenschlag
Mit dem Brassenschlag, können Steinhuder, die nicht in Steinhude geboren sind, aber mindestens 20 Jahre im Ort gewohnt haben, zum echten Steinhuder Brassen geschlagen werden. Damit werden sie dann zum „echten“ Steinhuder. Jedes Jahr, am 2. Tag des Fischerkreidags, erfahren zwei Personen, die sich für den Ort Steinhude eingesetzt haben, diese öffentliche Zeremonie.
Dieser Brassenschlag wird vom Steinhuder Fischerverein öffentlich vollzogen. Neptun (Heinrich Engelmann) und sein Gehilfe „Teddy“ (Manfred Tatje) schlagen die Inhucker zu wahren Steinhudern, indem sie ihnen einen Brassen (Weißfisch) um die Ohren „hauen“.