Die Geschichte der Kartenschläger in Steinhude von Rudi Diersche.

Die Geschichte der Kartenschläger in Steinhude.

Ein Auszug aus dem Buch „Steinhude …bevor die Fremden kamen“ von Rudi Diersche.

Der Steinhuder Fotograf Rudi Diersche beschäftigte sich lange mit der Geschichte seines Dorfes Steinhude. Insbesondere das Sammeln alter Fotos und Texte führte zur Veröffentlichung mehrerer Bücher des Ortshistorikers. Wir veröffentlichen auszugsweise Texte aus diesen Büchern mit Dank an den Autor.

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Ohne Kartenschläger standen die Maschinen in den Webereien still.

Ohne Kartenschläger standen die Maschinen in den Webereien still.

Vorlagen für Webmuster: Jacquardkarten

In Deutschland gab es nur drei Orte – Krefeld, Bielefeld und Steinhude – , wo „Karten“ auf Bestellung geschlagen wurden. Ohne Kartenschläger ständen die Maschinen in den Webereien still. Ihre Vorarbeit ist nötig, um den Maschinen zu „sagen“, in welcher Farbe, welchem Muster und welcher Dichte Kette und Schuß auf dem Webstuhl verlaufen sollen, um bestimmte Gebilde in die Webware hineinzuweben.

Kartenschlägerei in Steinhude

Schon vor 1850 bezogen die Steinhuder Weber Jacquardkarten und technische Zeichnungen aus Bielefeld. Adolf Lindemann verlegte 1874 seine seit 1854 bestehende Firma „Jacquardkartenschlägerei und Atelier für Weberei“ von Bielefeld nach Steinhude und führte hier die Kartenschlägerei ein. Sein Sohn August versorgte bis 1908 die Steinhuder Weber mit Karten. Diese Kartenschlägerei befand sich bis 1923 im Haus An der Schanze 19 (alte Nr. 173) und zog dann in die Gartenstraße (alte Nr. 390, heute Fischerweg).
Augusts Sohn Emil verlegte sich auf das Musterzeichnen, vor allem für Bredthauer 14 und 153. 1931 wurde eine Weberei angegliedert, die Emils Söhne Helmut und Erich bis 1982 führten. August Lindemann entwirft Muster und August Behling an der Kartenschlagmaschine 1929 gründete August Behling, im Tiefental Nr. 14, ebenfalls eine Kartenschlägerei, die sein Schwiegersohn Herbert Baumgartner ab 1956 bis etwa 1995 weiterführte.

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Für die Kartenschlagmaschine waren Muster erforderlich.

Für die Kartenschlagmaschine waren Muster erforderlich.

Vom Entwurf zum gewebten Textil

Vor dem Kartenschläger aber hatte der Zeichner das Wort. Je nach den Wünschen des Kunden, meist einer Weberei, wurde ein Muster entworfen. Der eine liebte Blumen, Blätter und Bäume oder Landschaften; der andere zog das Spiel geometrischer Linien und Figuren vor. Mitunter hieß es obendrein, unterschiedliche Schattierungen einzubringen und diese sorgfältig gegeneinander abzuwägen. Mehrere Farben hatte der Zeichner nicht zur Verfügung. Es gab nur die Grundfläche und die vom Zeichner eingesetzten Figuren bzw. Blumenmuster. Bei der Herstellung von Tischtüchern war das nicht anders möglich. War der Entwurf zufriedenstellend gezeichnet, begann die eigentliche Arbeit in der Kartenschlägerei. Der Entwurf mußte vom Patroneur in die Patrone umgesetzt werden. Das bedeutete, auf einem Bogen Papier, der in Quadrate eingeteilt ist, wurden als erstes die Quadratzentimeter in soviel kleine Quadrate unterteilt, wie der Stoff in Kette und Schuß Fäden pro Zentimeter haben sollte. Diese kleinen Quadrate wurden farbig so ausgefüllt, daß sie das gewünschte Muster ergaben.